Beschluss des Länderrates: „Die Würde aller Menschen ist unantastbar“

Auf dem Länderrat am 2. Mai 2020 wurde der Antrag der BAG Behindertenpolitik zur Triage modifiziert übernommen. Im Nachgang zu unserem Austausch im Rahmen der letzten Sitzung der LAG am 24. April führen wir den Beschluss des Länderrates hier auf:

„Als Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen wir uns für eine inklusive Gesellschaft ein, in der die Würde eines jeden Menschen im Rahmen eines solidarischen Miteinanders geschützt wird – in und außerhalb der Pandemie. Die Menschenwürde und der Gleichheitsgrundsatz, wie sie das Grundgesetz garantieren, gelten für alle Menschen gleichermaßen. In der Corona-Krise geraten diese Werte, wenn über die Isolation von älteren Menschen gesprochen wird oder Gruppen gegeneinander ausgespielt werden, zunehmend unter Druck. Das macht vielen Menschen Angst, gerade jenen, die auch an anderen Stellen schon Erfahrungen mit Diskriminierungen und Ausschlüssen machen. Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen haben den gleichen Anspruch auf Schutz ihrer Grundrechte, insbesondere ihres Rechtes auf Leben und körperliche Unversehrtheit, wie alle anderen Menschen auch. Angriffen auf diese Rechte treten wir entschieden entgegen.

Im Rahmen der Corona-Krise hat sich auch in Deutschland eine Debatte um Entscheidungsempfehlungen im Bereich der Triage, also Verfahren zur Priorisierung medizinischer Hilfeleistung, insbesondere bei unerwartet hohem Aufkommen an Patient*innen und objektiv unzureichenden Ressourcen, entwickelt. Es muss alles getan werden, um solche Triage-Situationen bei den intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten zu vermeiden. Aktuelle Empfehlungen wurden unter anderem vom Forum behinderter Juristinnen und Juristen (FbJJ) kritisiert.

Gerade da die Frage der Triage grundgesetzliche Garantien in starkem Maße berührt, finden wir es wichtig, eine politische Debatte über Triage-Richtlinien entlang unserer Grundwerte und unseres Bilds einer inklusiven Gesellschaft zu führen. Wir als Partei werden hier keine direkte Maßnahmen oder den konkreten Weg festlegen können. Der Länderrat begrüßt deshalb, dass die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich dafür einsetzen wird, dass sich die zuständigen Ausschüsse des Bundestags mittels öffentlicher Anhörung von Expert*innen, zu denen ausdrücklich auch Vertreter*innen der Menschen mit Behinderung und älterer Menschen gehören müssen, mit dem Thema Triage-Richtlinien befassen. Dieser Prozess wird von der Partei, insbesondere der Bundesarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik politisch begleitet.

Dabei gilt für uns grundsätzlich: Die Verfassung mit ihren Grundwerten der Menschenwürde, des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, des Gleichheitsgebots und ihrer  Diskriminierungsverbote sowie staatlichen Gewährleistungs- und Schutzpflichten gilt uneingeschränkt auch in der Pandemie. Entscheidungsempfehlungen zur Triage müssen diskriminierungsfrei und grundgesetzkonform ausgestaltet werden. Die strukturelle Benachteiligung oder den generellen Ausschluss von Personengruppen beispielsweise aufgrund von Alter oder Behinderung lehnen wir ab. Eine solche Benachteiligung liefe auch Gefahr, zur Grundlage für weitere Diskriminierungen nach der Corona-Pandemie zu werden.“

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