Protokoll LAG Soziales, Arbeitsmarkt und Beschäftigungspolitik vom 28.06.2019

Freitag, den 28.06.2019 um 17.00 Uhr, Geschäftsstelle der Grünen Dortmund

Protokoll: Karen Haltaufderheide
Sitzungsleitung: Uli Langhorst

  1. Formalia
    Es wird eine Vorstellungsrunde durchgeführt;das Protokoll der letzten Sitzung wird genehmigt.
  2. Wahl einer Delegierten für die BAG Behindertenpolitik
    Es handelt sich um die Nachwahl für den Frauenplatz und um die Wahl von weiteren Ersatzdelegierten. Als Zählkommission werden Manfred Haag und Antonia Frey bestimmt.

    1. Kandidaturen ordentlicher Frauenplatz: Daniela Kloss und Emma Sillekens. Die Kandidatinnen stellen sich vor. Abgegeben werden 16 Stimmen; 12 Stimmen entfallen auf Daniela, 2 auf Emma, 1 Enthaltung, 1 ungültig; Daniela nimmt die Wahl an.
    2. Als Ersatz-Delegierte kandidieren Niels Belau, Ingrid Tews, Emma Sillekens; Die Kandidat*innen stellen sich vor. 16 Stimmzettel werden abgegeben: 14 Stimmen für Ingrid, 12 für Nils, 11 für Emma; alle sind damit gewählt und nehmen die Wahl an.
  3. Schwerpunktthema: „Zur Situation wohnungs- und obdachloser Menschen in NRW“
    Als Referent*innen sind eingeladen: Sylvia Rietenberg vom Housing First Fonds des
    Paritätischen NRW, Tobias Scholz vom NRW-Bündnis „Wir wollen wohnen“, Katrin Lauterborn vom Gast-Haus e.V. Dortmund.

    • Uli Langhorst führt in das Thema ein. Er weist auf eine Anhörung im Landtag am 4.9. hin. Es gibt bei den Zahlen zu Wohnung- und Obdachlosigkeit eine deutliche Steigerung in den letzten Jahren.  Gleichzeitig ist die Dunkelziffer sehr hoch: Beispiel Dortmund: offiziell sind 400 Personen obdachlos, eine wissenschaftliche Studie geht von 600 Personen aus. Ursachen sind zunehmende Armut, steigende Mieten, Wegfall der Sozialbindung von Wohnraum, Sanktonen ALG II, auch die frühere 100%-Sanktionierung U25. Besondere Gruppen: Wohnungslose Frauen machen etwa ein Drittel aus. Die Hilfssysteme sind nicht auf diese Zielgruppe ausgerichtet. Forderung muss sein, die Hilfesysteme zu erweitern; Zuwanderer aus Südosteuropa fallen durch jedes  Hilferaster. Folge sind immense Verelendungsprozesse.
    • Sylvia Rietenberg: Siehe auch https://www.paritaet-nrw.org/soziale-arbeit/projekte/housing-first-fonds/. Die PowerPoint-Präsentation gibt es hier.
      Nachfragen und Diskussion: Ausschlüsse widersprechen dem Prinzip von Housing First. Auch Hilfeverweigerung ist kein Ausschlussgrund. Das Projekt ist fokussiert auf chronifizierte,  langjährig Wohnungslose. Zur Finanzierung der Miete muss der Betroffene leistungsberechtigt nach SGB II sein. Die Landschaftsverbände bieten bisher keine unbürokratische Hilfe und bleiben bei der alten Wohnungslosenhilfe. Der Senat in Berlin macht vor, wie es anders geht. Sylvia und Karen vereinbaren eine Befassung in der LWL-Fraktion. Beteiligt sind 15 Träger in NRW, 27 Wohnungen konnten bisher gekauft werden. Das Projekt geht über drei Jahre, dann erfolgt eine wissenschaftliche Auswertung. Wohnungsnot macht sich auch in dem Projekt bemerkbar: kleine Apartments stehen kaum zur Verfügung.
    • Tobias Scholz, Bündnis „Wir wollen wohnen“ – siehe Link https://www.wir-wollenwohnen-nrw.de/. Die PowerPoint-Präsentation gibt es hier.
      Das Bündnis ist öffentlich aktiv seit Januar 2019. Es setzt vor allem auf der Landesebene den Fokus. Die Bundespolitik ist weitgehend ausgeblendet, denn die Länder können bundesrechtliche Vorschriften konkretisieren. Von der Landesregierung wird gefordert: Mehr Mieterschutz, mehr bezahlbares Wohnen. Die Landesregierung hat im KOA-Vertrag angekündigt,  alle Verordnungen zur Bundesgesetzgebung abzuschaffen. Als erstes soll die Kappungsgrenze fallen – ist aber um ein Jahr verlängert. Als Erfolg der Arbeit sieht Tobias Scholz ein Moratorium und Überprüfung der Verordnungen. Forderungen sind: mehr öffentlich geförderter Wohnraum. Problem bei der Förderung sind niedrige Kredite. Rot-grün hatte das System auf Tilgungszuschüsse umgestellt. Leider wurden im Sozialen Wohnungsbau die Bindungszeiträume gekürzt. Damit kommen nicht in die Langfristperspektve. Die Privatisierung der LEG hat den preisgebundenen Wohnungsbau geschwächt. Es wird diskutiert, ob Wohnungsgemeinnützigkeit wieder eingeführt werden sollte. Die Grüne Bundestagsfraktion hat gute Vorschläge gemacht. Es gibt dazu sehr große Vorbehalte bei der Wohnungswirtschaft. Gewerkschaft ist ein Partner in dem Bereich. Kommunale Wohnungspolitik muss Bodenpolitik sein: wie gehen die Städte
      mit ihren Grundstücken um – Erbpacht wäre in vielen Fällen eine Lösung. Kommunale Netzwerke sind erforderlich. Eine Forderung nach angemessenem Wohnraum für alle muss konkretisiert werden. Dazu müssen die Anforderungen verschiedener Zielgruppen definiert werden. In NRW steht viel Geld für Wohnraumförderung zur Verfügung. Es ist wichtig Träger zu haben, die gemeinwohlorientiert arbeiten – kommunale Wohnungsunternehmen können eine Lösung sein. Bei Genossenschaften gibt es das Problem, dass sie nicht subventioniert werden. Damit ist in dieser Form Wohnen für Menschen ohne finanziellen Hintergrund schwierig. Das Verhalten von Kirchen als Grundstückseigentümern variiert.
    • Katrin Lauterborn: Das Gast-Haus Dortmund (www.gast-haus.org) ist eine ökumenische Wohnungsloseninitiative, bis vor vier Jahren rein ehrenamtlich. Die Arbeit ist niederschwellig und voraussetzungslos. 250 Ehrenamtliche sind tätg, das Gast-Haus ist jeden Tag geöffnet. Katrin Lauterborn weist auf die Unterscheidung zwischen obdachlos und wohnungslos hin: Wer wohnungslos ist, nutzt unterschiedliche Angebote und Möglichkeiten unterzuschlüpfen. Nicht jeder, der wohnungslos ist, ist obdachlos, die Zahl der Wohnungslosen ist weitaus größer. In
      Dortmund gibt es weit über 2000 Wohnungslose. Die südosteuropäischen Migranten werden bei der offiziellen Zählung raus genommen. Die Not ist bei beiden Gruppen gleich. In der Realität erleben die Mitarbeiter*innen, dass z.B. obdachlose Patent*innen, selbst wenn eine Amputaton ansteht, vom Krankenhaus nicht aufgenommen werden, weil sie nicht krankenversichert sind.  Das Wichtigste ist aus Lauterborns Sicht, dass den Gästen Wohnraum zur Verfügung steht. Die meisten machen sich unsichtbar. Wunsch an die Politik: Die Nöte der Menschen ernster nehmen, mehr Geld zur Verfügung stellen. Das Gast-Haus betreibt Housing First im Kleinen und besorgt Wohnraum. Es baut Netzwerke. Das Jobcenter und das Sozialamt kommen ins Haus, weil die Gäste kaum in der Lage sind, Behörden aufzusuchen. Auf diesem Weg kommen die Menschen wieder in Leistung. Es gibt große Ablehnung und Stigmata in der Umgebung, daher ist in Bezug auf Wohnraum Kaufen notwendig. Die Situation südosteuropäischer Zuwanderer*innen nennt Lauterborn überdachte Obdachlosigkeit. Der Verein betreibt Projekte mit Bodo e.V. Er unterhält einen medizinischen Dienst mit 40 Mitarbeitern, davon 12 Ärzte; alle arbeiten ehrenamtlich. Medikamente werden aus Spendengeldern finanziert. Es gibt ehrenamtliche Rechtsberatung, Ämterlotsen und Vieles mehr. Eine besondere Problematik wird bei Frauen gesehen. Für sie ist Housing First besonders geeignet.
    • Es wird berichtet, dass Berlin 10% der Wohnungen an Wohnungslose vermittelt. Die Prüfung von Wohnfähigkeit wird insgesamt kritisch gesehen. Das passt nicht zur emanzipatorischen Haltung eines Housing First Ansatzes. Es wir weiter diskutiert, wie man an Wohnraum kommt. Insgesamt muss wohl eine Mischung aus Mieten und Kaufen erfolgen. Es gibt aktuell eine Initiative von Laumann und der Wohnungswirtschaft. Es besteht die Forderung der Übernahme von Miet- und Stromschulden. Klar ist: Das Gast-Haus und andere Initiativen bekämpfen Auswirkungen einer Situation; Maßnahmen müssen an die Wurzel gehen. Der Schritt zur Wohnungslosigkeit ist sehr klein. Es wird über Wohnen als Recht und Wohnen als Ware diskutiert. Es wird eine staatliche Verpflichtung gesehen, das Recht auf Wohnen umzusetzen. Es wird auf eine Verdi-Broschüre zum Wohnen hingewiesen. Bei staatlicher Förderung soll keine Abschöpfung von Gewinnen erfolgen.
    • Handlungsoptionen: Wir wollen den Blick auf die Kommunen bzw. die Kommunalwahl richten. Die Sprecher*innen machen ein Papier: Vorschläge für die Programmdiskussion in den Kommunen bezüglich Obdach/-Wohnungslosigkeit.
  4. Bericht von der BAG Arbeit, Soziales, Gesundheit
    Karen berichtet kurz anhand der Tagesordnung zur AG
  5. Bericht vom Sounding Board Digitalisierung des LaVo
    ein Teil unseres Textbeitrages konnte im Beschluss verankert werden.
  6. Weiterer Prozess Grundsatzprogramm
    vertagt
  7. Sitzungen 2. Jahreshälfte
    insb. Vorbereitung Kommunalwahl 2020: Ingrid macht ein Doodle
  8. Sonstiges
    entfällt

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